Kurzüberblick:
- Am 17. Mai 2025 findet das ESC-Finale in Basel statt – Deutschland wird durch das österreichische Duo Abor & Tynna mit dem Song „Baller“ vertreten.
- Seit dem Sieg von Nicole 1982 konnte Deutschland nur noch einmal triumphieren – 2010 mit Lena.
- Die Bilanz seit 1982 zeigt Höhen und Tiefen: 2 Siege, 4 weitere Top-3-Platzierungen, aber auch 9 letzte Plätze.
Ein bisschen Hoffnung, ein bisschen Risiko: Deutschland beim ESC 2025
Basel wird am 17. Mai 2025 zur Bühne für Europas größten Musikwettbewerb – den Eurovision Song Contest. Für Deutschland tritt das österreichische Geschwister-Duo Abor & Tynna mit ihrem energiegeladenen Song „Baller“ an. Die Erwartungen sind hoch, denn der Titel verspricht modernen Pop mit Hip-Hop-Elementen und einer Portion Attitüde. Doch wie stehen die Chancen für Deutschland, nach Jahren der Durststrecke wieder ganz vorne mitzuspielen? Ein Blick auf die ESC-Bilanz seit dem legendären Sieg von Nicole 1982 gibt Aufschluss.
Deutschlands ESC-Bilanz seit 1982: Licht und Schatten
Seit dem Triumph von Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ hat Deutschland 42 Mal am ESC teilgenommen (mit Ausnahme von 1996, als der Beitrag im Vorentscheid ausschied, und 2020, als der Wettbewerb abgesagt wurde). Die Bilanz:
- Siege: 2 (1982 Nicole, 2010 Lena)
- Weitere Top-3-Platzierungen: 4 (1985, 1987, 1994, 1999)
- Letzte Plätze: 9 (zuletzt 2023)
- Beste Platzierung im 21. Jahrhundert außer den Siegen:
- Platz 2018 (Michael Schulte)
- Aktuellster Auftritt:
- Platz 2024 – Isaak mit „Always on the Run“
Phasen des Erfolgs und der Flaute
Goldene Achtziger (1982–1989)
In den 1980er Jahren konnte Deutschland mit traditionellen Schlagermelodien und eingängigen Refrains überzeugen. Highlights waren die zweiten Plätze von Wind in den Jahren 1985 und 1987.
Solide Neunziger (1990–1999)
Die 1990er Jahre brachten mehrere Top-10-Platzierungen, darunter zwei dritte Plätze (1994 und 1999). Dennoch gab es auch Rückschläge, wie den letzten Platz von Stone & Stone 1995.
Experiment & Einbruch (2000–2009)
Mit der Einführung des Televotings und wechselnden Auswahlverfahren verlor Deutschland an Profil. Beiträge wie der von Gracia 2005 landeten auf dem letzten Platz.
Lena-Hype & kurzer Aufwind (2010–2014)
Der Sieg von Lena 2010 brachte frischen Wind. Das von Stefan Raab initiierte Auswahlverfahren „Unser Star für Oslo“ setzte neue Maßstäbe. Auch 2012 erreichte Roman Lob einen respektablen 8. Platz.
Krisenjahre (2015–2023)
In diesem Zeitraum häuften sich die letzten Plätze. Einziger Lichtblick war Michael Schulte 2018 mit einem 4. Platz. Ständige Wechsel in den Auswahlverfahren und fehlendes künstlerisches Profil trugen zur Misere bei.
Zaghafte Erholung (2024)
Isaak erreichte 2024 mit „Always on the Run“ den 12. Platz. Ein moderner Radiosong und solides Staging zeigten, dass eine Trendwende möglich ist.
Warum lief es (nicht)?
Big-Five-Sicherheit
Als Teil der „Big Five“ ist Deutschland automatisch für das Finale qualifiziert. Dieser Vorteil kann jedoch dazu führen, dass Beiträge nicht den Härtetest der Halbfinals bestehen müssen und somit weniger optimiert sind.
Auswahlverfahren
Die Raab-Ära mit Formaten wie „Unser Star für Oslo“ brachte professionelles Artist-Development und Social-Media-Hype. In den Folgejahren führten wechselnde Shows und interne Kür zu uneinheitlichem Branding und Akzeptanzproblemen.
Song-Handschrift
Erfolgreiche Jahre zeichneten sich durch eingängige Hooks und eine klare Identität aus. Schwache Beiträge litten unter generischer Produktion oder überladener Bühnenidee.
Voting-Regeln
Seit 2016 werden Jury- und Televoting getrennt gewertet. Deutschland schnitt meist bei einem der beiden schlecht ab. Beispiel 2023: Jurys 3 Punkte, Zuschauer 15 – insgesamt letzter Platz.
Staging & Storytelling
Moderne Kamera-Regie und überzeugendes Storytelling halfen in Jahren wie 2018 und 2024. Beiträge wie 2015 oder 2021 wirkten hingegen deplatziert oder wurden ironisch falsch verstanden.
Ausblick Richtung ESC 2025
Mit dem neuen Auswahlverfahren „Chefsache ESC 2025“, maßgeblich von Stefan Raab mitgestaltet, setzt Deutschland auf frische Impulse. Abor & Tynna konnten sich mit „Baller“ gegen über 3.000 Bewerber durchsetzen. Der Song kombiniert Pop, Hip-Hop und Elektronik und wird als der „jüngste Song“ des Wettbewerbs beschrieben. Allerdings mussten sie kürzlich einen Auftritt in London absagen, was Fragen zur Live-Performance aufwirft. In den Wettbüros rangiert das Duo derzeit zwischen Platz 19 und 22. Favoriten sind aktuell Schweden, Frankreich und Österreich.
Fazit
Erfolge beim ESC erzielte Deutschland meist dann, wenn eine erkennbar deutsche, aber zeitgemäße Handschrift geboten wurde und Künstler langfristig aufgebaut wurden. Misserfolge häuften sich, sobald man sich auf die automatische Final-Qualifikation verließ und Beliebigkeit einzog. Die 12. Platzierung 2024 zeigt: Verbesserungen greifen – aber echte Strahlkraft braucht ein mutiges, stringentes Gesamtkonzept.
Mit anderen Worten: „Ein bisschen Frieden“ reicht heute nicht mehr – doch wer aus den Fehlern lernt, hat gute Karten, dass in Basel 2025 wieder „12 Points – Germany“ ertönt.